Der 9. November ist in vielerlei Hinsicht ein bedeutsames Datum in der deutschen Geschichte und hat mehr mit aktuellen Flüchtlingskrise gemein, als man zunächst denken mag.
Vor allem wegen des Mauerfalls vor 26 Jahren ist er bekannt. Nicht vergessen sollte auch der traurige Höhepunkt der Novemberpogrome 1938 als jüdische Einrichtungen zerstört und geschändet wurden.
Der Hitlerputsch 1923 fiel auch auf einen 9. November. Als Adolf Hitler mit Erich Ludendorff in München versuchte die Regierungsmacht mit der damals noch recht unbekannten NSPAD an sich zu reißen. Später wurde Hitler aus der darauffolgenden Inhaftierung bereits 1924 wegen guter Führung entlassen.
Neben vielen anderen Ereignissen, sei an dieser Stelle noch an den 9.November 1918 erinnert. Philipp Scheidemann rief vom Balkon des Reichstages die Republik und Karl Liebknecht wenig später vom Stadtschloss die freie sozialistische Republik aus. Dadurch wurde die Erklärung Scheidemanns wirkmächtig und stellt somit das faktische Ende der Monarchie in Deutschland dar.
Angst als Katalysator
Viel Gutes, aber auch viel Schlechtes kann man aus deutscher Sicht also mit diesem Datum verbinden.
In diesen Tagen werden neue Mauern und Zäune an den Außengrenzen der EU errichtet. Ferner forderte Marcus Pretzell, Landesvorsitzender der AFD Nordrhein-Westfalens, dass an den Grenzen als Ultima ratio der Schusswaffengebrauch zur Verteidigung erlaubt sein solle.
Zunächst in die Luft, mehr sei nicht notwendig, denn Menschen seien ja vernunftbegabt. Zudem Geflüchtete mit Kriegstraumata mit Waffengewalt aufzuhalten wirkt nicht sehr vernunftbegabt. Es wirkt geradezu zynisch, wenn man an die innerdeutsche Grenze denkt.
Wenngleich europaweit der Ruf vieler Länder nach mehr nationalstaatlicher Souveränität größer wird. Vielmehr ist das Schengener Abkommen in Gefahr, wie gerade heute wieder vom Luxemburgischen Außenminister Jean Asselborn gewarnt wurde. Entsprechend haben viele Menschen in der EU gerade Angst.
Angst vor Fremdheit, Verlust der eigenen Identität, hohen Kosten und dem Islam.
Aus der Geschichte lernen?
Extreme Nationalstaatlichkeit hat uns in den 1. Weltkrieg geführt und jedes Kind weiß was in Deutschland zwischen 1933 und 1945 passiert ist. Vieles was damals passiert ist, ist auf irrationale Ängste in der Bevölkerung zurückzuführen. Dies wurde gezielt von Politikern geschürt.
Nur wenige der Besorgten die jeden Montag durch die Straßen ziehen, würden Juden heute Kinderschändung und Sodomie unterstellen. Wie es vor gut 70 Jahren Erfolg in der Propaganda hatte.
Oftmals falsche Gerüchte über vergewaltigende Flüchtlinge hingegen werden selbst von Politikern unreflektiert übernommen. Die in den letzten Wochen vielfach beschworene christlich-jüdische Tradition des Abendlandes, die verteidigt werden soll, wurde lange Zeit als rein christliche gesehen.
Aus Geschichte kann eine Menge gelernt werden. Mehr Nationalstaatlichkeit und die Errichtung von Grenzen haben uns in den letzten einhundert Jahren in die Irre geführt. Die Werte eines Landes und seiner Tradition, sind einem permanenten Wandel unterworfen.
Lasst uns den Menschen die zu uns kommen klar machen was für ein Werteverständnis das ist und dass es der Grund ist, warum sie zu uns kommen können.
Wir stehen vor einer großen Aufgabe.
Lasst uns aus der Geschichte lernen.
Vor 26 Jahren ist eine Mauer gefallen.
Lasst uns keine Neue errichten, weder in den Köpfen noch an den Grenzen.